Warum Du Nicht Jedes Objektiv an Jede Kamera Anbringen Kannst
Ein einfacher Leitfaden, um Objektivkompatibilität, Bajonettanschlüsse und Adapter zu verstehen.

Hast du dich schon einmal gefragt, warum man nicht einfach jedes beliebige Objektiv an jede Kamera montieren kann?
Alle Objektive sehen ähnlich aus – runde Glaslinsen in Metallröhren – doch das Verbindungssystem zwischen Kamera und Objektiv ist erstaunlich komplex. Schauen wir uns das Schritt für Schritt an.
1. Jede Kamera hat ihren eigenen „Mount“
Der Mount (auch Bajonettanschluss genannt) ist der Metallring, an dem das Objektiv an der Kamera befestigt wird.
Er funktioniert wie ein Schloss-und-Schlüssel-System: Jeder Hersteller entwirft seine eigene „Schlüsselform“.
Jeder Anschluss hat:
- Form und Größe – bestimmt, wie das Objektiv mechanisch passt
- Elektronische Kontakte – ermöglichen Kommunikation zwischen Objektiv und Kamera (z. B. Autofokus, Blende usw.)
- Auflagemaß (Flange Focal Distance) – der Abstand zwischen Objektivanschluss und Sensor

Wenn Form oder Auflagemaß nicht stimmen, passt das Objektiv entweder gar nicht – oder es kann nicht richtig fokussieren.
2. Die wichtigsten Objektivanschlüsse
| Marke | DSLR-Mount | Spiegelloser Mount | Hinweise |
|---|---|---|---|
| Canon | EF (DSLR) | RF (Spiegellos) | RF ersetzt EF seit 2018 |
| Nikon | F (DSLR) | Z (Spiegellos) | Z-Anschluss ist kürzer, moderner |
| Sony | A (älter, DSLR) | E / FE (Spiegellos) | E = APS-C, FE = Vollformat |
| Fujifilm | – | X (APS-C), G (Mittelformat) | X und G nicht kompatibel |
| Panasonic / Olympus | – | Micro Four Thirds (MFT) | Kompaktes, sehr flexibles System |
| Leica / Panasonic / Sigma | – | L-Mount | Gemeinsames System dieser Marken |
Jeder Anschluss hat seine eigenen kompatiblen Objektive.
Ein Canon EF-Objektiv passt z. B. an alle Canon-DSLRs – aber nicht an Nikon oder Sony, ohne Adapter.
3. Was sind SLR- und DSLR-Kameras?
Bevor wir zur Kompatibilität kommen, klären wir einen häufigen Irrtum – SLR und DSLR.
- SLR steht für Single-Lens Reflex (Einäugige Spiegelreflexkamera). Diese Filmkameras nutzen einen Spiegel und ein Prisma, um durch dasselbe Objektiv zu sehen, das das Foto aufnimmt. Klassiker sind z. B. die Canon AE-1 oder Nikon FM2.
- DSLR bedeutet Digital Single-Lens Reflex – die digitale Weiterentwicklung. Das Prinzip ist dasselbe, nur wird das Bild digital aufgezeichnet statt auf Film (Beispiele: Canon EOS 5D, Nikon D850, Pentax K-1).
Sowohl SLRs als auch DSLRs haben ein langes Auflagemaß, weil der Spiegel Platz braucht.
Als die Hersteller auf spiegellose Kameras umstiegen, wurde der Abstand kürzer – das machte neue optische Designs möglich und erlaubte den Einsatz älterer Objektive mit Adaptern.
Vollformat- und Crop-Sensor-DSLRs
Nicht alle DSLRs besitzen gleich große Sensoren.
Einige verwenden Vollformatsensoren (entspricht dem klassischen 35-mm-Film), andere kleinere Crop-Sensoren, auch APS-C-Sensoren genannt.
APS-C steht für Advanced Photo System – Typ C (Classic), ein Begriff aus der analogen Filmära der 1990er Jahre.
Ein APS-C-Sensor ist kleiner als ein Vollformat-Sensor, wodurch das Bild beschnitten („gecroppt“) wirkt – der Bildwinkel ist enger.
Der sogenannte Crop-Faktor liegt bei etwa 1,5× (Nikon, Sony, Fujifilm) oder 1,6× (Canon).
Ein 50-mm-Objektiv wirkt dadurch auf einer APS-C-Kamera wie ein 75–80-mm-Objektiv im Vollformat.
Das ist ideal für Porträts oder Teleaufnahmen – und Crop-DSLRs sind zudem günstiger und kompakter, da die Sensoren kleiner sind.
Kurz gesagt: Beide sind DSLRs mit demselben Bajonett, aber durch die Sensorgröße ändert sich, wie viel vom Bild das Objektiv tatsächlich erfasst.
4. DSLR vs. Spiegellos – warum das wichtig ist
DSLRs und spiegellose Kameras haben unterschiedliche Bauweisen:
- DSLRs besitzen einen Spiegelkasten, das Objektiv sitzt also weiter vom Sensor entfernt.
- Spiegellose Kameras verzichten auf den Spiegel, das Objektiv sitzt dadurch näher am Sensor.
Das verändert das Auflagemaß – und das ist der Schlüssel zur Objektivkompatibilität.
| System | Auflagemaß (ca.) |
|---|---|
| Nikon F (DSLR) | 46,5 mm |
| Canon EF (DSLR) | 44,0 mm |
| Sony E (Spiegellos) | 18,0 mm |
| Nikon Z (Spiegellos) | 16,0 mm |
| Canon RF (Spiegellos) | 20,0 mm |
| Micro Four Thirds | 19,25 mm |
Da spiegellose Kameras ein kürzeres Auflagemaß haben, können sie mit Adaptern viele ältere DSLR-Objektive verwenden.
DSLRs hingegen können keine spiegellosen Objektive nutzen, da diese zu nah am Sensor sitzen würden.
5. Warum man Objektive nicht einfach mischen kann
Drei Hauptgründe verhindern universelle Kompatibilität:
1. Mechanische Passform
Das Bajonett muss exakt passen. Ein Nikon-F-Objektiv rastet z. B. nicht an einem Canon-EF-Anschluss ein, weil die Verriegelung anders gestaltet ist.
2. Auflagemaß
Stimmt der Abstand nicht, kann die Kamera nicht auf unendlich fokussieren.
Zu weit = keine Schärfe bei entfernten Motiven.
Zu nah = Objektiv passt mechanisch nicht.
3. Elektronik und Steuerung
Moderne Objektive benötigen elektronische Kommunikation für:
- Autofokus
- Blendensteuerung
- Bildstabilisierung
Wenn Kamera und Objektiv „nicht dieselbe Sprache sprechen“, funktionieren diese Funktionen nicht – oder das Objektiv reagiert gar nicht.
6. Adapter – die Übersetzer zwischen den Systemen
Adapter sind wie Dolmetscher zwischen Objektiv und Kamera.
Es gibt einfache mechanische Ringe und intelligente Adapter mit elektronischen Kontakten.
- Einfache Adapter: funktionieren mit manuellen Objektiven (Fokus und Blende werden per Hand eingestellt).
- Intelligente Adapter: übertragen Autofokus- und Blendeninformationen (z. B. Canon EF → Sony E).
⚠️ Nicht alle Kombinationen funktionieren – vor allem dann nicht, wenn man Objektive von Systemen mit kürzerem Auflagemaß (wie RF oder E) an DSLRs adaptieren will.
7. Kompatibilität nach Kameratyp
Hier eine Übersicht, welche Objektive mit welchen Kameras funktionieren – direkt, über Adapter oder gar nicht.
| Kameratyp (Allgemein) | Beispiele | Direkt passende Objektive | Objektivtyp | Mit Adapter verwendbar (Beispiel) | Adaptierte Objektive | Nicht kompatibel |
|---|---|---|---|---|---|---|
| Vollformat / APS-C DSLR (Canon EF) | Canon EOS 5D / 6D / 7D | Canon EF / EF-S | DSLR-Objektive | Nikon F (manuell, optischer Adapter), M42 (Schraubadapter) | Alte SLR-Objektive | Canon RF, Sony E, Nikon Z, Fujifilm X, L-Mount |
| Vollformat Spiegellos (Canon RF) | Canon EOS R / R5 / R6 | Canon RF, RF-S | Spiegellos-Objektive | Canon EF/EF-S (Adapter EF–EOS R), Nikon F, M42 | DSLR & Vintage | Sony E, Nikon Z, Fujifilm X, L-Mount |
| Vollformat DSLR (Nikon F) | Nikon D750 / D850 | Nikon F (AF/AF-D/AF-S) | DSLR | M42, Pentax K, Canon FD (nur manuell, mit Glasadapter) | Alte SLR-Objektive | Z, RF, E, X, L (Spiegellos) |
| Vollformat Spiegellos (Nikon Z) | Nikon Z6 / Z7 / Z8 / Z9 | Nikon Z | Spiegellos | Nikon F (FTZ Adapter), Canon EF (Fringer/Techart), M42, FD, OM, MD | DSLR & Vintage | RF, E, L (zu kurzes Auflagemaß) |
| Vollformat / APS-C DSLR / SLT (Sony A) | Sony A99 / A77 | Sony A / Minolta AF | DSLR / Film SLR | M42, Canon FD, Nikon F (manual) | Alte SLR | E / FE / RF / Z (Spiegellos) |
| Vollformat Spiegellos (Sony E / FE) | Sony A7 / A9 / FX3 | Sony E / FE | Spiegellos | Canon EF (Metabones/Sigma MC-11), Nikon F (Commlite), M42 / FD / MD | DSLR & Vintage | Canon RF, Nikon Z |
| APS-C Spiegellos (Fujifilm X) | Fujifilm X-T / X-H / X-Pro | Fujifilm X | APS-C Spiegellos | Canon EF (Fringer EF-FX), Nikon F / M42 / MD / FD | DSLR & Vintage | RF / Z / E / L |
| Micro Four Thirds Spiegellos (MFT) | Panasonic GH6 / OM System OM-1 | MFT | Spiegellos | Canon EF (Metabones Speed Booster), Nikon F, M42, FD | DSLR & Vintage | RF / Z / E / L |
| Vollformat Spiegellos (L-Mount) | Leica SL2 / Panasonic S5II | L-Mount | Spiegellos | Canon EF (Sigma MC-21), Nikon F, M42, FD | DSLR & Vintage | RF / Z / E |
Tipp:
Wenn der Adaptername das Schema Objektivanschluss → Kameramount hat (z. B. EF–E), bedeutet das: Du adaptierst Canon EF-Objektive an Sony E-Kameras.
Spiegellose Systeme (RF, Z, E, L, X, MFT) sind am flexibelsten, da ihr kurzes Auflagemaß die Nutzung vieler älterer Objektive ermöglicht.
8. Gute Nachrichten: Spiegellose sind echte Alleskönner
Spiegellose Kameras wie Sony E, Canon RF oder Nikon Z können:
- ihre eigenen Objektive voll nutzen
- ältere DSLR-Objektive mit Adaptern einsetzen
- Vintage-Linsen (M42, FD, OM, MD) verwenden
- sogar Kinoobjektive mit PL-Mount anschließen
Deshalb sind spiegellose Modelle heute so beliebt – sie eröffnen dir den Zugang zu nahezu jedem Objektiv, das je gebaut wurde.
9. Kurze Beispiele
- Canon EF → Canon RF: ✅ funktioniert perfekt mit offiziellem Adapter
- Nikon F → Nikon Z: ✅ über FTZ-Adapter
- Canon EF → Sony E: ✅ mit Metabones oder Sigma MC-11
- Sony E → Canon DSLR: ❌ nicht möglich (Auflagemaß zu kurz)
- Minolta MD / M42 → Spiegellos: ✅ problemlos, aber manuell
10. Fazit
- Objektive sind nicht universell – Anschlüsse unterscheiden sich in Form, Abstand und Elektronik.
- Spiegellose Systeme sind deutlich flexibler, da ihr Auflagemaß kürzer ist.
- Adapter können viele, aber nicht alle Unterschiede ausgleichen.
- Prüfe immer, welcher Mount und Sensor-Typ (Vollformat oder APS-C) zu deiner Kamera passt.
Kurz gesagt:
Jedes Kamerasystem hat seine eigene „Sprache“. Mit dem richtigen Adapter können viele Objektive „ein paar Wörter lernen“ – aber nicht alle werden jemals fließend.
Wenn du neu einsteigst, wähle ein System mit großem Objektivangebot und guter Adapterunterstützung – etwa Sony E, Canon RF oder Nikon Z. So bleibst du langfristig flexibel und kannst sowohl moderne als auch klassische Objektive entdecken.