Makrofotografie

Willkommen in der wunderbaren Welt der Makrofotografie!

Makrofotografie erklärt: Effektive Blende und Lichtverlust verstehen

Nachdem wir die Grundlagen behandelt haben, schauen wir uns genauer an, was wirklich passiert. (Falls du den einsteigerfreundlichen Überblick zur effektiven Blende noch nicht gelesen hast, schau dort zuerst vorbei.)

In der Fotografie wird Licht oft in Blendenstufen (Stops) gemessen – jede Stufe verdoppelt oder halbiert die Lichtmenge, die den Sensor erreicht. Wenn wir also sagen, du „verlierst 2 Stops“ im Makro, bedeutet das, deine Kamera braucht etwa viermal so viel Licht für die gleiche Belichtung.

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Hier kommt die effektive Blende ins Spiel. Bei normalen Entfernungen verhält sich deine eingestellte Blende (z. B. f/8) wie erwartet. Gehst du aber ins Makro, besonders mit Zwischenringen, wird das Objektiv weiter vom Sensor entfernt. Aus Sicht des Sensors wirkt die Öffnung kleiner als eingestellt – deine effektive Blende könnte also näher bei f/16 liegen.

Darum werden Bilder dunkler, Belichtungszeiten länger, und Schärfentiefe sowie Schärfe verhalten sich anders im Nahbereich. Mit anderen Worten: Die effektive Blende zu verstehen ist der Schlüssel, um vorherzusagen, wie viel Licht du verlierst und wie dein Foto aussehen wird, wenn du über normale Abstände hinausgehst.

Analogie: Stell dir einen Beamer auf einem Tisch vor. Schiebst du ihn weiter von der Leinwand weg, wird das Bild dunkler. Im Makro entfernst du das Objektiv weiter vom Sensor; das Bild wird aus demselben geometrischen Grund dunkler.


Die einfache Formel

Effektive Blende = Eingestellte Blende × (1 + Vergrößerung)

  • Eingestellte Blende ist das, was du an der Kamera einstellst (z. B. f/8).
  • Vergrößerung (M) ist „Größe auf dem Sensor ÷ reale Größe“.
    • 0,5× bedeutet halbe Lebensgröße (1:2)
    • 1,0× bedeutet Lebensgröße (1:1)
    • 2,0× bedeutet doppelte Lebensgröße (2:1)

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Was das heißt: Bei 1:1 verhält sich jede eingestellte Blende wie das Doppelte in Bezug auf Helligkeit und Schärfentiefe (f/8 wirkt wie f/16). Bei 0,5× verhält sie sich wie 1,5× (f/8 ≈ f/12), usw.


Einige Beispiele (Schritt für Schritt)

50 mm Objektiv + 25 mm Zwischenring

  • Vergrößerung (ca.) M ≈ Verlängerung ÷ Brennweite = 25/50 = 0,5×
  • Eingestellt f/8 → effektiv ≈ f/8 × (1+0,5) = f/12
  • Erwartung: etwas mehr als +1 Stop zusätzliches Licht nötig.
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100 mm Objektiv + 36 mm Zwischenring

  • M ≈ 36/100 = 0,36×
  • Eingestellt f/8 → effektiv ≈ f/10,9 (~f/11)
  • Erwartung: knapp unter +1 Stop zusätzliches Licht nötig.
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Faustregel für Zwischenringe an Festbrennweiten: M ≈ Verlängerung ÷ Brennweite (gute erste Schätzung).


Tabelle A — Eingestellte vs. effektive Blendenwerte (häufige Vergrößerungen)

(Gerundet auf gängige 1/3-Stop-Blendenwerte.)

Vergrößerung (M)f/4 →f/5.6 →f/8 →f/11 →f/16 →
0,25× (1:4)f/5.0f/7.1f/10f/14f/20
0,50× (1:2)f/6.3f/8f/11f/16f/25
0,75× (3:4)f/7.1f/10f/14f/20f/29
1,00× (1:1)f/8f/11f/16f/22f/32
1,50× (3:2)f/10f/14f/20f/29f/40
2,00× (2:1)f/11f/16f/25f/32f/45

So nutzt du die Tabelle:
Wähle deine eingestellte Blende (oben) und deine Vergrößerung (links). Die Zelle zeigt deine effektive Blende – so verhält sie sich in Bezug auf Helligkeit, Schärfentiefe und Beugung.


Tabelle B — Lichtverlust (in Stops) vs. Vergrößerung

Lichtverlust in Stops ≈ 2 × log₂(1 + M) (hier gerundet)

Vergrößerung (M)~Stops Lichtverlust
0,25×0,6 Stop
0,50×1,2 Stops
0,75×1,6 Stops
1,00×2,0 Stops
1,50×2,6 Stops
2,00×3,2 Stops

Merksatz:
0,5× ≈ +1 Stop, 1× ≈ +2 Stops, 2× ≈ +3 Stops, 3× ≈ +4 Stops.

Mehr Abstand zwischen Objektiv und Sensor → effektive Blende kleiner → weniger Licht.


Vergrößerung mit Zwischenringen abschätzen (schnelle Methode)

  • Festbrennweite nahe Unendlich:
    M ≈ Verlängerung (mm) ÷ Brennweite (mm)

    • 50 mm + 25 mm Ring → ~0,5×
    • 100 mm + 50 mm Ring → ~0,5×
    • 50 mm + 50 mm Ring → ~1,0×
  • Wenn dein Objektiv schon nah fokussiert:
    Nimm das als Startwert M und addiere (Verlängerung ÷ Brennweite) als schnelle Schätzung. (Reale Werte variieren bei interner Fokussierung, aber es reicht für die Belichtungsplanung.)


Praktisches Fazit: Lichtverlust vorher vorhersagen

  1. Vergrößerung abschätzen.
    Mit Zwischenringen an einer Festbrennweite: M ≈ Verlängerung ÷ Brennweite.

  2. Effektive Blende berechnen.
    Eingestellte Blende × (1 + M).
    Beispiel: f/8 bei 1:1 → f/16 effektiv.

  3. Belichtung planen.
    Nutze Tabelle B (oder den Merksatz):

    • 0,5× → +1 Stop
    • 1× → +2 Stops
    • 2× → +3+ Stops
      Entscheide: längere Belichtung, höheres ISO oder mehr Licht (Blitz/LED/Tageslicht).

Tipp: Der Kamerabelichtungsmesser gleicht meist automatisch aus (TTL), aber du merkst es an längeren Belichtungszeiten, höherem ISO oder dunklerem Sucher/Live-View. Plane Licht und Stabilisierung (Stativ/Blitz) entsprechend.

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Hinweise & Einschränkungen (Wissenswertes)

  • Interne Fokussierung und Zoom-Designs können die „echte“ Brennweite im Nahbereich verändern – die Faustregel M ≈ Verlängerung/Brennweite ist also eine Schätzung. Die Tabellen bringen dich trotzdem nah genug zur Planung.
  • Herstelleranzeigen unterscheiden sich: Manche Kameras zeigen bei hoher Vergrößerung die effektive Blende, andere immer die eingestellte. Physik bleibt gleich – rechne mit Lichtverlust.
  • Nahlinsen (Diopter) erhöhen die Vergrößerung, ohne die effektive Blende zu verändern (Belichtung bleibt heller), allerdings hängt die Bildqualität vom Filter ab.

Was kommt als Nächstes: Beugung

Jetzt weißt du, wie die effektive Blende in der Budget-Makrofotografie funktioniert. Vielleicht denkst du: „Kein Problem – ich stelle die Kamera aufs Stativ und schließe die Blende so weit, wie nötig, dann gleicht das den Lichtverlust aus.“

Leider ist es nicht so einfach. Bei sehr kleinen Blenden (f/22, f/32 und darüber) tritt ein weiterer Effekt auf — Beugung.

Einfach gesagt: Beugung entsteht, weil Licht nicht perfekt gerade verläuft. Wenn es durch eine sehr kleine Öffnung muss, breiten sich die Wellen aus und überlagern sich. Das führt dazu, dass feine Details unschärfer wirken, auch wenn der Fokus perfekt sitzt.

Und genau darum geht es im nächsten Artikel: wie Beugung die Makrofotografie beeinflusst – und wie du Schärfe und Schärfentiefe ins Gleichgewicht bringst.